Blizzards Overwatch-Team hat sich gewerkschaftlich organisiert: "Was ich hier am meisten schützen möchte, sind die Menschen"

Das Overwatch-2-Team bei Blizzard hat sich gewerkschaftlich zusammengeschlossen. Dazu gehören fast 200 Entwickler*innen aus verschiedenen Bereichen wie Kunst, Testing, Engineering und Design – im Grunde alle, die keine Führungsposition innehaben. Es ist die zweite sogenannte „Wall-to-Wall“-Gewerkschaft beim traditionsreichen Spieleentwickler, nachdem sich bereits das World-of-Warcraft-Team im Juli letzten Jahres gewerkschaftlich organisiert hatte.

Wie die Communications Workers of America (CWA) in einer Pressemitteilung, die Kotaku am Freitag vorlag, bekannt gab:
„Die Entwicklerinnen und Entwickler hinter Blizzards erfolgreicher Spielereihe Overwatch sind der CWA beigetreten und bilden die neueste Gruppe von Videospielbeschäftigten in Studios, die Microsoft gehören, die eine umfassende Gewerkschaft gegründet haben. Ein neutraler Schlichter hat heute bestätigt, dass die überwältigende Mehrheit der Beschäftigten entweder eine Gewerkschaftskarte unterschrieben oder sich über ein Online-Portal für eine Vertretung ausgesprochen hat.“

Die Overwatch Gamemakers Guild – CWA ist die jüngste Gruppe, die sich innerhalb eines Microsoft-Studios organisiert hat, nachdem der Tech-Konzern ein Abkommen zur gewerkschaftlichen Neutralität unterzeichnet hatte. Dieses Umdenken hatte die seit 2021 schwelenden Frustrationen gegenüber dem Management in eine konkrete Richtung gelenkt – mit der Zusicherung, dass sich die Unternehmensführung nicht einmischen würde. Wie auch bei den Gewerkschaften bei Bethesda Game Studios und Raven Software muss die Overwatch Gamemakers Guild nun ihren ersten Tarifvertrag aushandeln – ein Prozess, den Microsoft laut Kritik langsam vorantreibt, da die Verhandlungen mit anderen internen Spielestudio-Gewerkschaften seit Jahren andauern.

„Das größte Problem waren die Entlassungen Anfang 2024“, sagte Simon Hedrick, Testanalyst bei Blizzard, im Gespräch mit Kotaku. „Bis zu diesem Moment war ich wirklich glücklich mit meiner Arbeit.“
Hedrick ist langjähriger World-of-Warcraft-Fan und spielt Overwatch seit dem ersten Tag im Jahr 2016. 2022 wurde er eingestellt, um bei Blizzard die Qualitätssicherung für die Versus-Modi und das Matchmaking des Sequels zu übernehmen.

Er hat bis zu acht Spielclients gleichzeitig laufen, um nach Fehlern zu suchen, und hält ein Corgi-Plüschtier („ein Maskottchen des Irvine-Campus #blizzlife“) an seinem Schreibtisch. Donnerstags trifft er sich mit Kolleg*innen in der Bibliothek des Blizzard-Campus in Irvine, um „Magic: The Gathering“ zu spielen. Auf die Frage, was er an seiner Arbeit dort am meisten liebe, antwortete er wie viele andere: die Menschen.

Als Microsoft im letzten Jahr fast 2.000 Beschäftigte entließ – auch bei Blizzard, wo ein neues Spiel gestrichen und mehrere Overwatch-Teammitglieder entlassen wurden – war das ein Weckruf für Hedrick.
„Leute waren plötzlich weg, und wir konnten nichts dagegen tun“, sagte er. „Was ich hier am meisten schützen möchte, sind die Menschen.“

Der Schock nach der Übernahme – Microsoft hatte den Kauf von Activision Blizzard nur wenige Monate zuvor abgeschlossen – war ein Auslöser für den Organisierungsprozess bei Team 4. Dieses Team wurde ursprünglich Ende der 2000er Jahre gegründet, um das geplante MMO „Titan“ zu entwickeln – ein Projekt, das später eingestellt wurde und sich schließlich in Overwatch verwandelte.
Foster Elmendorf, Senior Testanalyst, war für all das bei Blizzard dabei, nachdem er 2004 über eine Online-Bewerbung seinen Traumjob erhielt.

Laut Elmendorf gab es noch weitere Gründe für die Gewerkschaftsbildung: Lohnungleichheit, Einschränkungen beim Homeoffice und der Wunsch nach verbindlichen Schutzmechanismen in Bezug auf Crunch-Zeiten, Urlaubsregelungen und Abfindungen im Falle von Entlassungen. Die organisierenden Blizzard-Mitarbeitenden betonen, dass bessere Arbeitsbedingungen auch zu besseren Spielen führen können – während das Gegenteil (Entlassungen, erzwungene Kündigungen, unattraktive Bezahlung) Qualität und Motivation untergräbt.

Besonders empört waren die Overwatch-2-Beschäftigten im letzten Frühjahr, als Änderungen am Bonusprogramm der Firma dazu führten, dass sie ein ganzes Jahr lang keine Gewinnbeteiligung erhielten.
„Wenn man ohne gewerkschaftliche Organisation Zugeständnisse bekommt, können sie einem auch ohne sie wieder genommen werden“, so Elmendorf.

Er ist derzeit für das Testen von In-Game-Kosmetika vom Konzept bis zur Implementierung zuständig. Er liebt es, Spiele zu entwickeln, und wünscht sich, dass Entwickler*innen mit am Tisch sitzen – nicht nur, um ihre eigenen Interessen zu schützen, sondern auch, um bessere Spiele zu machen. Spaß solle im Vordergrund stehen, nicht nur der Profit.
„Ich hatte lange das Gefühl, dass die Videospielbranche mehr gewerkschaftliche Organisation braucht“, sagte er gegenüber Kotaku. Und weiter: „Seit 20 Jahren bitten wir um bessere Bezahlung – es ist bis heute nicht passiert.“

2025 ist ein wichtiges Jahr für Overwatch 2. Trotz der Aufgabe eines Großteils der ursprünglich versprochenen PvE-Inhalte bringt der Helden-Shooter große Designänderungen, darunter den neuen Modus „Stadium“, der MOBA-Elemente wie Upgrades während des Matches beinhaltet. Die 16. Saison läuft aktuell, und das Team hat kürzlich eine Kollaboration mit Street Fighter VI angekündigt – mit Skins, die Overwatch-Charaktere in Capcom-Kämpfer wie Ryu und Chun-Li verwandeln.

Die Initiative zur Gewerkschaftsbildung kam nicht nur von den QA-Tester*innen. Auch andere Disziplinen waren beteiligt.
UI-Künstlerin Sadie Boyd schloss sich dem Prozess direkt nach ihrem Einstieg bei Blizzard im September an – just in dem Moment, als eine weitere Entlassungswelle durch Microsoft rollte.
Laut ihr wurde in einem Blizzard-Slack-Channel ein Link zum Unterschreiben einer Gewerkschaftskarte gepostet – und sie unterschrieb sofort. Schon zuvor war sie Teil einer Gewerkschaftsbewegung bei Arkane Austin gewesen (dem Studio hinter Prey und Redfall), das Anfang des Jahres von Microsoft geschlossen worden war.

„Wir sind nicht nur eine Zahl in einer Excel-Tabelle“, sagte Boyd. „Wir wollen Spiele machen, aber das geht nicht ohne ein Gefühl von Sicherheit.“
Eine Gewerkschaft schützt zwar nicht vor Entlassungen oder Studioschließungen, aber sie ist der erste Schritt, damit Unternehmen solche Entscheidungen nicht mehr einfach in einer belanglosen E-Mail treffen, sondern sich aktiv mit den Beschäftigten austauschen. Boyd sieht in der Overwatch-Gewerkschaft ein Instrument, um über verschiedenste Themen zu verhandeln – etwa über den Einsatz von generativer KI bei Blizzard – und auch als potenzielle Inspirationsquelle für andere Teams.

„Unsere Branche steht an einem Wendepunkt“, sagte sie. „Ich glaube wirklich, dass unsere Gewerkschaftsankündigung bei Overwatch … einige Feuer entfachen wird.“